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Homeoffice oder Büro? Eine nicht ganz ernst gemeinte und sehr subjektive Liste von Vor- und Nachteilen für Selbstständige und Kleinunternehmer:innen

  • Autorenbild: Janine Piontek
    Janine Piontek
  • 26. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Dez.

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Ich arbeite zu Hause im Homeoffice, an einem modernen Sekretär im Schlafzimmer, den mein Mann als Tischler-Gesellenstück gefertigt hat, tonnenschwer ist und trotzdem schon regelmäßig von Ort zu Ort und von Zimmer zu Zimmer umziehen musste, und selten zugeklappt wird. Möbel umstellen is the game hier im Hause Piontek, aber das ist eine andere Geschichte.


Das Schlafzimmer ist natürlich nicht nur Schlaf- und Arbeitsplatz und manchmal Studio, nein, sehr regelmäßig auch Abstellbereich für Dinge, die auf den Dachboden geräumt werden müssen, für verwaiste Socken in einer Wäschewanne, bei denen man vielleicht doch noch auf eine Familienzusammenführung hofft, unsortierte Wäschekörbe, you name it. Ich als hochsensibler Mensch bekomme da regelmäßig Aufräumwut a la Marie Kondo, weil mich das Zeug von der Arbeit ablenkt, aber es findet sich einfach kein Platz, weil unser Budget einfach nicht für mehr Haus gereicht hat, und zu jedem weggeworfenen Gegenstand kommen bei einem 6-Personen-Haushalt schnell viele neue dazu.


Wenn dann auch noch die vier Kinder dazu kommen (krank, Ferien, Brückentage, Etwas-zu-krank-für-die-Schule-aber-eigentlich-zu-gesund-für-zu-Hause-Tage, Morgens-ist-immer-schulfrei-Elternsprechtage, SchiLF-Tage) und Termine mit Handwerkern dazukommen, drehe ich irgendwann durch und bin überzeugt, dass ein Büro viel besser für mich wäre und wir die Care-Arbeit dann viel fairer aufteilen würden. Dann gäbe es nämlich kein "Du bist ja sowieso zu Hause" mehr. Arbeiten mit ständigen Unterbrechungen funktioniert nämlich nur so semi, eher schlecht als recht.


Doch so ein Büro hat auch seine Nachteile und da möchte ich mal sehr subjektiv für euch ins Detail gehen. Damit ich das hier auch nochmal lesen kann, wenn ich beruflich mal wieder ausziehen möchte.


DAS BÜRO IM CO-WORKING SPACE


Eigentlich ganz praktisch. Man kann sich tageweise einen Platz in einem Co-Working Space anmieten und braucht kein eigenes Büro aufzutreiben. Ganz flexibel und relativ günstig und in fast jeder größeren Stadt zu finden. Gegen Aufpreis gibt es meist auch Einzelbüros und Räume für Meetings.


Das könnte DIE Lösung für mich sein, hatte ich gedacht, bis ich mich mental wieder in mein Studium zurückversetzte. Das Lernen in der Bibliothek war für mich vollkommen unmöglich. Dort wurde im Flüsterton die letzte Party durchdiskutiert, am Nachbartisch sprach man über den anstehenden Klausurstoff, neben mir brummte ein alter Laptop vor sich hin, und selbst die Bewegungen der anderen Menschen waren zu laut für mich. (Auch mit Kopfhörern und mit Musik. Ohne Musik höre ich meinen Tinnitus.)

Irgendwann mit Anfang 20 hatte ich die Fähigkeit verloren, mich im Beisein anderer Menschen konzentrieren zu können. Nun auch noch mit anderen einen Platz zum Arbeiten teilen, Tastaturen hören, Gespräche und Telefonate? Sorry, ist wohl nichts für mich.


Dann müsste ich schon ein Einzelbüro nehmen. Und das ist gar nicht mehr so günstig. Aber dafür vielleicht die erhoffte Ruhe.


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DAS GEMIETETE BÜRO FÜR MICH ALLEINE


Eigene Geschäftsräume anzumieten klingt da viel besser. Abgesehen davon, dass aber auch die Miete erstmal wieder reingeholt werden muss mit den monatlichen Einnahmen, ich also eine kleine bis große Summe nur dafür verwenden muss, um überhaupt mit einem Dach über dem Kopf arbeiten zu können. Aber es ist auf jeden Fall leise, ruhig, aufgeräumt... oder?


Haha, denkste. Da gibt es eine große Baustelle unten an der Straße, die Wohnung über einem wird saniert und ein Stockwerk tiefer läuft laute Musik, bei der man fast mitsingen könnte, weil die Altbauwände so schön


Alles muss erstmal angeschafft werden und, ja, auch diese Räumen müssen regelmäßig geputzt werden. Was also erstmal nach Entlastung und Freiheit aussieht, ist es vielleicht gar nicht.


Vielleicht gibt es auch keine passenden Büroräume im eigenen Wohnort und man muss erstmal ein Stück weit fahren mit Öffis oder dem Auto. Bei uns im Ort herrscht wegen vielen Baustellen und Sperrungen aktuell Stau von morgens bis abends durchgängig, Autofahren mit vielen anderen gestressten Menschen zieht mir regelmäßig den Stecker. Benzin, Auto und die Schokolade für die gestressten Nerven müssen also noch hinzugerechnet werden. Und das Fitnessstudio, gegen das viele Sitzen und die Schokolade.


Büro ist also auch nur eine bedingt perfekte Lösung für mich als hochsensible Soloselbstständige aus der kreativen Branche.


DIE LÖSUNG: FLEXIBLES HOMEOFFICE


Also doch Homeoffice, und zwar 2.0, denn mein neuer Arbeitsplatz hat zwei Orte: Meinen Schreibtisch und meinen Blumengarten, weil ich mein Gewerbe ab 2026 ganz offiziell um die Blumen erweitere. Wenn es mir drinnen zu bunt wird, kann ich rausgehen, und selbst wenn das nicht reicht, kann ich immer noch Einkäufe erledigen oder eine schnelle Runde spazieren gehen, um meinen Kopf wieder frei zu kriegen und mich zu sortieren. Denn ich bin ja mein eigener Chef. Es ist wichtig, dass alle wichtigen Aufgaben fristgerecht erledigt werden, aber wann und in welcher Reihenfolge, das bestimme ich. Überhaupt ist es oft besser, sich zu überlegen, was man an der jetzigen Situation gestalten kann, statt eine ganz neue zu suchen, die vermeintlich besser ist.


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Freiheit pur in meinem Drinnen-draußen-Homeoffice, könnte man sagen. Bis die Kinder von der Kita nebenan wieder Löwe oder Monster oder motorisierte Heckensäge spielen, oder die Baustelle nebenan, oder - ach ja, es gibt ja Kopfhörer und meine geliebten Ohrstöpsel. Und ich muss mich auch nicht immer so anstellen bei Geräuschen. Oder?


Also eigentlich mag ich es so, wie es ist. Bis die nächsten Ferien kommen. Aber bis dahin sind es ja noch 4 Wochen...


Und warum schreibe ich das hier? Weil es keine One-fits-all Lösung gibt im echten Leben, sondern eben nur eine für dich einigermaßen passende. Und die kommt fast immer mit Kompromissen. Jeder, der etwas anderes verspricht, lügt. Es ist also wichtig herauszufinden, wo die Prioritäten liegen, und die können heute anders liegen als in drei bis fünf Jahren, wenn meine Kinder alle auf der weiterführenden Schule sein werden. Für mich sind Flexibilität und Selbstbestimmung sehr wichtig, Routinen gerne, solange sie zu mir passen und genug Freiheit lassen. Und weil mir Schreiben hilft, meine wirren Gedanken zu sortieren, die oftmals genauso hin und her jagen wie in diesem Artikel hier. Vielleicht amüsiert das ja den einen oder anderen, dann können wir gemeinsam das Leben mit ein bisschen mehr Humor nehmen. Ernst ist es noch oft genug.


Denn eigentlich liegt das Problem nicht beim Homeoffice oder beim Büro. Sondern daran, dass sich Kinderbetreuung und Arbeit so schlecht unter einen Hut bringen lassen, und Urlaubstage und Ferientage sich nicht mal ansatzweise decken. Wir Selbstständigen im Homeoffice springen dann oft ein, und geraten noch mehr unter Druck. Da hilft kein Büro und auch nicht das abgeschirmteste Homeoffice. Das ändert nur die Politik, und die lässt uns gerne mit dem Gefühl zurück, dass wir uns einfach nur noch ein bisschen mehr anstrengen müssten, uns noch ein bisschen besser organisieren müssten, damit alles läuft. Ich baue dann mal weiter an meinem Kartenhaus und warte auf den nächsten Sturm.



 
 
 

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